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Alumni-Treffen der Katholisch-Theologischen Fakultät der LMU

10.11.2017

Am 10.11.2017 fand das zweite Alumni-Treffen der Katholisch-Theologischen Fakultät statt. Mit gut 100 Teilnehmern kamen deutlich mehr Alumni zum Treffen in den Senatssaal der LMU als letztes Jahr. Ein Erfolg für die Fakultät, der deutlich macht, wie gut die Veranstaltung wahrgenommen wird. Im zweiten Jahr gestalteten und plante der Alumni-Beirat das große Wiedersehen.

Erstmalig waren auch aktuell Studierende zum Alumni-Treffen eingeladen, die damit die Gelegenheit hatten, sich persönlich mit den Absolventen auszutauschen. Beim letzten Treffen hatten sich viele Alumni diese zusätzliche Möglichkeit gewünscht, die auch zahlreiche Studierende aus allen Phasen des Studiums wahrnahmen.

Gleich zu Beginn lud der „Markt der Möglichkeiten“ zur Begegnung miteinander ein. Gerade die Teilnehmer, die sich noch im Studium befinden, nutzten das Angebot, im Gespräch mit Absolventen einen Eindruck von den Tätigkeitsfeldern für Theologen zu bekommen. Garniert mit Kaffee und Kuchen, lockte der Markt der Möglichkeiten einige spontane Besucher, sich an den regen Gesprächen zu Füßen der Speerträger-Statue im Lichthof zu beteiligen.

Ab 15 Uhr begann der akademische Teil des Tages. Nach der Begrüßung von Dekan Prof. Dr. Andreas Wollbold, durften die Teilnehmer einen anspruchsvollen, aber auch lebendigen und anregenden Vortrag des renommierten Soziologen Prof. Dr. Armin Nassehi (Sozialwissenschaftliche Fakultät, LMU) genießen. In drei großen Schritten stellte sich Nassehi dem Thema, das ‚Christliche Abendland‘ aus soziologischer Perspektive zu analysieren. Zunächst kam er mit den Untersuchungen der Bertelsmann-Studie auf die bleibend aktuelle Rolle von religiösen Inhalten zu sprechen. Auch wenn Religion als institutionalisierte Form und Kirchlichkeit signifikant abgenommen hätten, so kommt dem Religiösen doch eine bleibende Funktion in der Gesellschaft zu: Auf der Ebene des Individuums und dessen Grenzerfahrungen ist die Suche nach dem Kerngehalt sinnstiftender, mitunter religiöser Inhalte bleibend aktuell. Mit der scharfen These, dass keine Gesellschaft ohne Religion existieren könne, schloss er diese erste Annäherung. Als zweite Herangehensweise suchte er nach dem spezifisch christlichen in diesem ‚Abendland‘ und ging im Nachgang von drei Denkern auf bleibende (gesellschaftsrelevante) Spezifika des Christentums ein. Mit Slavoj Zizek hob er hervor, dass Christentum habe den universalen Zusammenhang von Schuld und Sühne, der die Welt und vor allem die sozialen Konventionen lenkte, unterbrochen. Mit dem Christentum ist die Möglichkeit gegeben, Schuld als personale und jeden einzelnen Menschen betreffende Konzeption zu denken. Vorher war Schuld und Widergutmachung eine Frage des Kollektivs. Nach diesem ersten Spezifikum der Individualisierung der Schuld ging Nassehi auf die Bedeutung des Opfers ein, welches vom Christentum ebenso eine Umdeutung erfuhr: Statt des Momentes der Sühne bekam es im Christentum die Bedeutung der Rettung und inkludierenden Erlösung: „Keiner darf verloren gehen“ – so der auf den Punkt gebrachte Opfergedanke des Christentums, den Nassehi mit Anklängen an René Girard darstellte. Ein drittes Spezifikum schließlich ist die Bedeutung der Inklusion im Abendmahl: Für die Tischgemeinschaft der (ersten) Christen spielten die Standesunterschiede keine Rolle. Die Auseinandersetzungen innerhalb der Kirche waren immer wieder Auseinandersetzungen über diese Frage, wer teilhaben dürfe und wer nicht. Diese Selbsthinterfragung im Hinblick auf die Gemeinschaft ist der dritte Punkt, welcher das ‚christliche‘ unterstreicht. Nach dem allgemeinen Zugang zu Religion und diesen drei thetischen Untersuchungen zur Frage der differentia spezifica des Christlichen ging Nassehi auf die zunehmende Modernisierung und Ausdifferenzierung der heutigen Gesellschaft ein. Die drei genannten Spezifika verlieren auch in dieser zunehmend pluralen Zeit nicht ihre Bedeutung, wohl aber den Ort an dem sie vorkommen und wahrgenommen werden können. Das Christentum selbst birgt in sich das Potential der zunehmenden Differenzierung. Die Bedeutung von Anthropologie im Christentum und der Bedeutung des Christentums für die Würde des Individuums sind es, welche der Soziologe den Alumni als Ergebnis seiner kultursoziologischen Annäherungen an das christliche Abendland vorstellte. Auch in der Diskussion wurde deutlich: Dieser Zugang zeigt nicht nur eine bleibende Relevanz des, sondern ist auch eine bleibende Aufgabe für das Christentum.

Nach dem Vortrag und der darauffolgenden Fragerunde boten Dozenten der Fakultät Workshops zu verschiedenen Themen aus ihren jeweiligen Fachrichtungen an:

Prof. Dr. Burkhard Berkmann (Kirchenrecht, Katholisch-Theologische Fakultät, LMU) – „Religiös-weltanschaulicher Pluralismus im europäischen Religionsrecht“
Prof. Dr. Christof Breitsameter (Moraltheologie, Katholisch-Theologische Fakultät, LMU) – „Ehe und Familie im christlichen Abendland“
Prof. Dr. Gerd Häfner (Einleitung ins Neue Testament, Katholisch-Theologische Fakultät, LMU) – „Wie politisch ist die Botschaft Jesu?“
Prof. Dr. Markus Vogt (Sozialethik, Katholisch-Theologische Fakultät, LMU) – „Zur Bedeutung des christlichen Menschenbildes für Gesellschaft und Politik in Europa“

Wieder im Senatsaal berichtete Prof. Dr. Markus Vogt über das aktuelle Geschehen an der Fakultät. Danach klang der Tag mit seinen reichen Impulsen und Begegnungen in einer ungezwungenen Stimmung aus, begleitet durch ein Gläschen Wein und einem feinen und abwechslungsreichen Buffet.

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