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Berufsfeld konkret: Caritas

17.06.2021

Theologie studieren – und dann etwas Soziales. Das scheint nahezuliegen und klingt doch zunächst vage. Wie kann ein solcher Weg konkret verlaufen? Welche Rolle spielt die theologische Ausbildung im Beruf? Gibt es Tipps für Studierende, die später einmal bei der Caritas arbeiten möchten? Diesen Fragen ist die Berufsfeld konkret: Caritas – Veranstaltung am 17. Juni 2021 nachgegangen.
Wir freuen uns sehr, dafür drei tolle Referentinnen gewonnen zu haben, die unter regem Interesse der Teilnehmer_innen eindrucksvoll von ihrem Werdegang und ihrem Berufsalltag berichteten:

Ursula Diewald-Rodriguez, Referentin Gemeindecaritas im Caritas Zentrum Fürstenfeldbruck
Juliane Brendel, Projektmitarbeiterin bei youngcaritas in München
Andrea Thiele, Leiterin des Ressorts Caritas und Beratung im Erzbischöflichen Ordinariat München.


„Schauen: ‚Wo ist die Not?‘, und da etwas tun.“

Aktiv sein und dort handeln können, wo es nötig ist – das ist für Juliane Brendel der Antrieb für ihre Arbeit bei der youngcaritas in München. Erst im März letzten Jahres gegründet, gibt es dort viel Raum zur Mitgestaltung. Juliane Brendel empfindet das als große Bereicherung.

Juliane Brendel studierte an der LMU zunächst Katholische Religionslehre und Latein für das Lehramt an Gymnasien. Es reizte sie, ein konkretes Berufsziel als Lehrerin in Aussicht zu haben. Sie fand jedoch immer mehr Freude am Theologiestudium und so entschloss sie sich schließlich, zusätzlich den Magister in Katholischer Theologie zu erwerben, auch wenn sie unsicher war, in welche Richtung ihr beruflicher Weg stattdessen gehen sollte. Mittlerweile arbeitet sie sowohl im Schulpastoralen Zentrum in Fürstenried als auch bei der youngcaritas. Ihre Stelle sei eigentlich eine Sozialpädagog_innen-Stelle, so Brendel, aber durch ihr bisheriges Engagement habe sie bereits Erfahrungen in einer zentralen Aufgabe der youngcaritas sammeln können, der Arbeit mit Jugendlichen – das sei sicher eine Eintrittskarte gewesen.

Das Ziel der youngcaritas ist es, junge Menschen zum sozialen Engagement zu ermutigen. Gemeinsam mit vier Kolleg_innen verschiedener Fachrichtungen organisiert Juliane Brendel so etwa eine wöchentliche „Smartphonesprechstunde“ mit Jugendlichen, die ältere Menschen im Umgang mit Computer und Smartphone unterstützen. Auch ein Foodtruck in München, der täglich eine warme Mahlzeit an Bedürftige ausgibt, wird einmal die Woche von der youngcaritas mitbetreut.

„Empowerment“

So beschreibt Ursula Diewald-Rodriguez die Aufgabe der Gemeindecaritas. Ziel der Gemeindecaritas sei es, das Engagement und die individuellen Potentiale von Beratern, Klienten, Ehrenamtlichen aufzunehmen, zu fördern und zu begleiten. Als Referentin der Gemeindecaritas ist Ursula Diewald-Rodriguez für 36 Pfarreien zuständig, unterstützt soziale Projekte und nimmt an Sitzungen in Pfarrei und Kuratorium teil.

Auf die Frage, wie viele Kolleg_innen sie habe, lacht Ursula Diewald-Rodriguez und antwortet: „Ich bin die Gemeindecaritas.“ Sie habe eine Kollegin, die sie mit vier Wochenstunden unterstützt, arbeitet jedoch viel eigenständig. Das habe sowohl Vorteile, so könne sie Projekte gestalten und Entscheidungen freier treffen, aber der Austausch mit ihrer Kollegin sei auch eine große Bereicherung, wenn sie dadurch etwa Rückmeldung zu einer neuen Idee erhalten könne.

Ursula Diewald-Rodriguez hatte nach ihrem Magisterabschluss in Philosophie und ihrem Diplom in Katholischer Theologie an der LMU eine wissenschaftliche Laufbahn einschlagen wollen. Nach einem Verlags-Volontariat erhielt sie eine Anstellung als Wissenschaftliche Mitarbeiterin am Lehrstuhl für Fundamentaltheologie. Die Bewerbung bei der Caritas sei außerhalb ihrer Komfortzone gewesen und dennoch sei es nicht weit weg von dem, worin sie ausgebildet worden war. Dass sie sich 13 Jahre lang ehrenamtlich in der Bahnhofsmission engagiert habe, sei möglicherweise auch ein Grund gewesen, dass sie die Stelle am Caritaszentrum erhalten habe – denn auch ihre Stelle sei nicht spezifisch für Theolog_innen, sondern als Stelle für Sozialpädagog_innen ausgeschrieben gewesen. „Glück und Timing gehört auf jeden Fall dazu“, so Ursula Diewald-Rodriguez.

„Arbeits-Nichtalltag“

Im Grunde habe sie nur drei feste Termine in der Woche, ansonsten sei ihr Arbeitsalltag eher ein abwechslungsreicher „Arbeits-Nichtalltag“, so Andrea Thiele. Als Leiterin des Ressorts Caritas und Beratung ist sie für die beiden Hauptabteilungen Beratung sowie Caritas und Soziales zuständig, darunter fallen unter anderem die Ehe-, Familien- und Lebensberatungsstellen, die katholischen Verbände und Träger, sowie die kirchlichen Hilfsfonds.

„Die Caritas ist das Gesicht der Kirche“, sagt Andrea Thiele. Der diakonische Auftrag sei Grundvollzug der Kirche und „nur, wenn wir hier gut sind, sind wir als Kirche richtig unterwegs.“ Dass sie mehr als 40 Wochenstunden arbeite, sehr kurzfristige Anfragen zu beantworten habe und nicht wenige ihrer Termine in die Abendstunden und auf die Wochenenden fallen, sei eine hohe Belastung, aber sinnerfüllt und damit weniger anstrengend. Dennoch – und hier stimmen alle drei Referentinnen überein – sei es auch wichtig, zu lernen, sich abzugrenzen. Gerade in ihrer Führungsposition ermutige sie ihre Mitarbeiter_innen zur Selbstfürsorge und Professionalität, etwa durch das Wahrnehmen von Supervision oder Coachingangeboten.

Ursprünglich wollte Andrea Thiele Gemeindereferentin werden. Nach einer kaufmännischen Ausbildung studierte sie an der Universität Eichstätt Religionspädagogik. Auch ihr kam ihr soziales Engagement zugute: mit nur 25 Jahren wurde sie Geschäftsführerin der Katholischen Landvolkbewegung, dem Erwachsenenverband der Landjugendbewegung, in der sie lange Zeit engagiert gewesen war. Ihr Weg führte sie als Geschäftsführerin weiter zum Malteserhilfsdienst Starnberg. Nach der Geburt ihres Kindes orientierte sie sich neu und begann, einige Stunden die Woche in der Pastoral zu arbeiten. Sie war beispielsweise am Aufbau des ersten katholischen Familienzentrums der Erzdiözese München und Freising beteiligt. Parallel bildete sie sich über mehrere Jahre im Bereich der Organisationsentwicklung und des Organisationsmanagement weiter. Schließlich gelangte sie 2017 in das Ressort Caritas der Erzdiözese, dessen Leitung sie seit anderthalb Jahren innehat.

„Sich nicht in vorauseilendem Gehorsam aus dem Rennen nehmen“

Herauszufinden, welches die eigenen Stärken und Interessen sind und auszuprobieren, welche Aufgaben Freude bereiten, sei der Schlüssel, um eine passende Stelle zu finden, findet Juliane Brendel. Die youngcaritas bietet auch hierzu einen Raum: es ist möglich, Praktika zu absolvieren, eigene Projekte einzubringen und Zusammenarbeiten anzuregen.

Wenn es um Bewerbungen gehe, sei es wichtig, dass man sich nicht in vorauseilendem Gehorsam aus dem Rennen nehme, so Ursula Diewald-Rodriguez – Aussortieren sei Aufgabe der Personaler. Zwar seien viele Stellen nicht explizit für Theolog_innen ausgeschrieben, dennoch stünden ihre Chancen im sozialen Bereich sehr gut. Oft könnten ehrenamtliches Engagement und Praktika eine Zugangsmöglichkeit sein. Sie beobachte zudem einen zunehmenden Trend zu multiprofessionell aufgestellten Teams, in denen neben der akademischen Qualifikation bereits bewährte Skills eine große Rolle spielten.

Wie auch Ursula Diewald-Rodriguez betont Andrea Thiele, dass es möglich sei, sich den eigenen Arbeitsplatz zu schaffen. In der Anregung und Umsetzung neuer Projekte entstünden immer wieder neue Berufsfelder für Theolog_innen. Das Theologiestudium biete eine gute Basis – an Theolog_innen würde vielmals geschätzt, dass sie Dinge schnell auffassen, auf den Punkt bringen und auch schriftlich formulieren könnten. Wichtig sei aber vor allem, offen für Neues zu bleiben, sich stetig weiterzuentwickeln und fortzubilden.

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